Sol 1. Tag des Engels 1508 n. B.

Bis in den späten Vormittag des gestrigen Sha (30.3.1508) durfte auf Geheiß des Hafenmeisters niemand die Einhorn verlassen.

An jenem letzten Frühlingstag herrschte eine drückende Hitze an Bord der Karavelle aus Leira. Unsere Agentin versuchte dennoch mehr über den Mordanschlag auf die Schiffseignerin Sakharina herauszufinden, und beschattete deshalb die beiden Männer welche leider vergebens versucht hatten die Händlerin vor den Attentätern zu beschützen.

Lothar vom Pappelwald befragte an Deck die Erste Maat Nanna und dann den Smutje Cori, unten in der Kombüse. Die Seefrau wusste wenig Neues über die mörderischen Matrosen Vasek und Lavoi zu berichten, doch dem Halbling war durch die Essensausgabe aufgefallen, dass es deren erste Fahrt mit den Tätowierungen an den Händen war (siehe Bericht vom 30.3.1508). Demnach war es wohl auch deren erste Mission in den Diensten des Todesengels Azrael.

Lucian Vrinn durchsuchte unterdessen die Unterkunft der Besatzung. Dort fand er allerdings weder weitere Hinweise noch Belege für eine Verbindung zwischen den beiden verräterischen Seeleuten und dem Engelskult; nur eine Handvoll Kupfermünzen. Er ließ sie dennoch in seinem Beutel verschwinden.

Als Lothar den Schiffskoch beschäftigte, schlich sich der Dieb tiefer in den Bauch der Karavelle. Natürlich war die schwere Holztür zum unteren Laderaum verschlossen. Doch Lucian benötigte keinen Schlüssel für das Schloss, nur das passende Werkzeug.

Lautlos schlüpfte er hinein und kurz darauf wieder heraus. Mirabella fand nicht heraus, was der zwielichtige Geselle da unten entdeckt hatte, aber er machte wohl beim Verlassen des Lagers keinen besonders zufriedenen Eindruck.

Als unsere Agentin auf dem Weg zurück an Deck war, stieß sie wieder auf Lothar. Der Waldläufer unterhielt sich mittlerweile mit dem trinkenden Kapitän in der Kombüse. Briano von Leira war ganz offensichtlich mehr daran interessiert den Süßwein aus einer verstaubten Flasche zu vernichten, als den Mord an Sakharina aufzuklären.

Wie ursprünglich auch Mirabella, wollte Lothar nun zurück an Deck. Sie folgte ihm. Er lief jedoch kurz darauf einer blonden, kühlen Elfin mit blauem Umhang in die Arme: Sybarhis Kerymnodel, die Hauptfrau der Stadtwache von Königshafen.

Sybarhis 1.jpg

Sybharis Kerymnodel

Die Elfin ist in den gesamten Herzlanden von Eralion dafür bekannt mit Schwertern und Zauberei gleich gut zu sein. Es leben nur noch wenige die ihre Fähigkeiten wirklich einstufen können, aber die meisten behaupten sie sind legendär.

Sybharis gab Lothar nur einen kleinen Vorgeschmack, indem sie plötzlich ihr blankes Rapier in der Hand hatte und blaue, grelle Blitze über seine Klinge zucken ließ.

Dann wurde der Waldläufer zum Tathergang befragt. Und das Verhör durch die elfische Hauptfrau war wohl keine angenehme Erfahrung für Lothar vom Pappelwald.

Weil Lucian bald ebenfalls des Weges kam, wurde auch er von Sybharis in die Mangel genommen.

Erst das Erscheinen des Hafenmeisters, mit dem die Elfin an Bord gekommen war, befreite die beiden verkannten Helden aus ihrer misslichen Lage. Denn endlich zogen die beiden Ordnungshütenden auf ihrer Suche nach dem Kapitän weiter zur Kombüse.

Wenig später, am frühen Nachmittag des gestrigen Tages, durften die Passagiere schließlich das Schiff verlassen.

Zusammen mit Lothar begleitete unsere Agentin Lucian bis zur Taverne Zum Fernen Galgen in der Hafengegend, wo der zweifelhafte Held Quartier bezog. Erst nahe der Stadtmauer verabschiedete Mirabella sich unter einem Vorwand von ihrem anderen Reisegefährten, den sie allerdings sogleich unbemerkt weiter beschattete und bis vor das nordwestliche Stadttor verfolgte.

Der Waldläufer kehrte im Gasthof Zur Linde ein; womit er in mir selbstverständlich den Verdacht erregte Mitglied vom Bündnis der vier Ringe zu sein. Torhil Valmaer, der Besitzer der Linde, ist nämlich ein altbekannter Sympathisant aller Gruppen die Nymia verpflichtet sind.

Wahrhaft interessante Reisebekanntschaften: ein Mitglied der Grauen Hand und ein Diener der Grünen Göttin. Unsere Augen in Königshafen werden beide weiterhin unter Beobachtung behalten, bis ich anderweitige Order aus Morr Thuris erhalte.

— Wendelyn, Stadtschreiber und hoher Herold von Peredur