“Die anderen warten auf dich in Königshafen”, wurde dir in Leira gesagt. Nun befindest du dich bereits auf der Überfahrt dorthin. Du überquerst den Nivian, den größten See von Eralion, an Bord der Karavelle Einhorn.
Das große Segelschiff gehört der Händlerin Sakharina, die Seife, Parfüm und kostbare Öle aus Marisa vom Südufer des Nivian in die Ostmark verkauft. Die entgeltliche Mitnahme von Passagieren ist dabei nur ein kleiner Nebenverdienst. So ist es auch nur eine Handvoll von Reisenden, mit denen du auf einer Seifenkiste dein bescheidenes Mittagsmahl teilst.
Neben dir stehen eine Frau und ein Mann. Beide wirken wehrhaft. Sie hat dunkle Haut, steckt in einem Kettenhemd und trägt auf dem Rücken ein Schwert. Ihr Name ist Ardinis.
Er trägt unter einem löchrigen, ehemals weißen Umhang einen schmutzigen Ringpanzer und ist mit einem Streitkolben bewaffnet. Sein Name ist Ulryk.
In eurer Mitte, auf dem behelfsmäßigen Tisch, sitzt eine Halbling namens Mirabella Hügelkappe. Während sie isst, gleitet ihr rechter Zeigefinger über eine Landkarte, die ausgebreitet auf der Seifenkiste liegt.
Auf der anderen Seite der Kiste steht auch noch eine weitere Gestalt, die du hinter den anderen jedoch nicht genauer erkennen kannst.
Am Nachmittag verdunkelt sich der Himmel. Im Nordosten braut sich ein Sturm zusammen und bald tragen heftige Böen peitschende Regenschwaden über den See.
”Da! Der Sonnenturm der Solthurim”, platzt es aus Mirabella heraus. Die Halbling zeigt mit der linken Hand auf einen leuchtenden, weiß-goldenen Turm oberhalb der Klippen nordwestlich des Schiffes, während ihr rechter Zeigefinger das Bauwerk auf der Karte markiert. “Er wird die Einhorn sicher nach Königshafen leiten.”
Kurz darauf haben die schwarzen Sturmwolken den Himmel über der Karavelle vollständig erobert. Es ist ungewohnt finster für die Tageszeit. Plötzlich zuckt ein greller Blitz auf die Steilklippen im Nordosten herab und beleuchtet für einen kurzen Augenblick ein halbes Dutzend großer, länglicher Felsen.
”Und das muss der alte Steinkreis der Druiden sein!” Wieder finden Mirabellas Finger den Ort auf der Karte.
Dann passiert das Schiff eine Insel. Aus dem gelb-grünen Gras des Eilands, erheben sich ganze Haufen schwarzer Steine, wie Warzen auf der unreinen Haut eines Unholds. Nur noch ein einzelner Turm steht windschief am Rand der Insel und lässt die Wehranlage vermuten, die einst ihren Großteil eingenommen hat.
”Die Ruine von Burg Drachenklaue”, flüstert Mirabella wehmütig.
Als die Halbling die Ruine benennt, schießt im Norden tiefroter Feuerregen empor, nur um jenseits des Sturms als verglühende Funken und dunkle Asche wieder zu Boden zu fallen.
”Der Piirnastur bricht schon wieder aus!”, ruft die Halbling merklich beunruhigt.
Zwischen den Donnerschlägen des Sturms hallt nun auch das Kreischen unsichtbarer Vögel gellend über das aufgewühlte Wasser des Nivian. Die schrillen Klänge werden vom lautstarken Flügelschlag eines kleinen Schwarms gefolgt, der scheinbar in den Aschewolken über die Einhorn hinwegsetzt. Doch es sind nicht die gefiederten Schwingen von Vögeln, die da zu vernehmen sind, sondern die ledrigen Flügel von Drachen, Teufeln oder Dämonen.
Nun erklingt auch noch ein Aufschrei an Bord der Einhorn. Du erkennst, dass die Händlerin Sakharina von zwei Matrosen angegriffen wird. Mit blanken Dolchen haben sie die Frau nahe dem einzigen Beiboot in die Enge getrieben.
Was tust du?